Eine Stunde mehr Gehen am Tag kann Leben um 6 Stunden verlängern

In vielen Studien wurde bereits gezeigt, dass ein Mehr an Bewegung die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen verbessert. Entsprechende epidemiologische Studien basierten aber zumeist allein auf den Angaben der Teilnehmenden, was relativ ungenau ist und zu einer Unterschätzung des positiven Effektes führen kann.
Lennert Veerman von der Griffith University in Australien und sein Team sind daher einen anderen Weg gegangen, indem sie nur die bei über 40-Jährigen mit einem Akzelerometer gemessene Aktivität berücksichtigte. Die gemessene körperliche Aktivität wurde in „Walking-Äquivalente“ umgerechnet und die Menschen nach dem Aktivitätslevel in vier Quartile* eingeteilt. Alle Teilnehmenden lebten selbständig außerhalb von Pflegeeinrichtungen und ähnlichen Institutionen.
( *: Quartile unterteilen eine sortierte Datenreihe in 4 gleich große Teile)
Bis zu 10 Jahre längeres Leben erreichbar
Im Jahr 2017 lag die mittlere Lebenserwartung in den USA bei 78,6 Jahren. Menschen im untersten Quartil der Bewegungsaktivität müssen nach den Berechnungen aus der Studie mit einem Verlust an Lebenserwartung von 5,8 Jahren rechnen – d.h. ihre Lebenserwartung bei Geburt läge nur bei 73 Jahren. Gelingt es diesen Menschen, ihre Bewegungsaktivität auf das Level des oberen Quartils (160 Minuten Gehen am Tag mit durchschnittlich 4,8 km/h) anzuheben, könnten sie ihre Lebenserwartung im Schnitt um 10,9 Jahre anheben. Würden alle Menschen über 40 in Amerika so ein hohes Bewegungslevel erreichen, läge die mittlere Lebenserwartung in diesem Land bei 83,7 Jahren – also ein Plus von 5,3 Jahren.
Couchpotatos profitieren am meisten von mehr Bewegung
Auf der individuellen Ebene ist der Gewinn durch eine Aktivitätssteigerung in der inaktivsten Gruppe am höchsten. Eine zusätzliche Stunde Gehen am Tag bringt für sie 6,3 Stunden zusätzliche Lebenserwartung. Bei Menschen, die mit ihrer Bewegung bereits in den oberen Quartilen liegen, lässt sich mit einer weiteren Steigerung sportlicher Aktivität nicht mehr so ein großer Zugewinn an Lebenszeit erreichen.
Als mögliche Limitation gibt das Autorenteam u.a. an, dass zwischen dem Erhebungszeitpunkt 2003-2006 und der Mortalitätsstatistik von 2017 sich möglicherweise mehr Menschen an das in den Leitlinien empfohlene Bewegungsausmaß halten. Denkbar ist auch, dass sich Teilnehmende während der Tragezeit des Akzelerators, die oft nur eine Woche betrug, mehr bewegten als normalerweise.
Bewegungsmangel verkürzt Leben ähnlich wie Rauchen
Nach den Ergebnissen der Studie ist mangelnde Bewegung ein ebenso großer Risikofaktor für die Gesamtmortalität wie das Rauchen, das im Mittel zu 10 Jahren Verlust an Lebensjahren führt. Das Rauchen von 20 Zigaretten (eine Packung) lässt die Lebenserwartung um 3 Stunden und 40 Minuten schrumpfen. Im Vergleich dazu scheint eine Hypertonie mit dem Verlust von im Mittel etwa 5 Lebensjahren ein geringerer Risikofaktor zu sein.
Bewegungsfreundliches Umfeld schaffen
Die Ergebnisse der Studie machen deutlich, dass eine Steigerung körperlicher Aktivität in der Gesamtbevölkerung zu einer höheren Lebenserwartung bei guter Gesundheit führt und das Gesundheitssystem deutlich entlasten könnte. Vor allem körperlich Inaktive sollten zu mehr Bewegung motiviert werden, da sie am meisten zu gewinnen haben. Neben entsprechenden Sportangeboten gehört laut Veerman dazu auch ein bewegungsfreundliches Umfeld mit gut ausgebauten attraktiven Fußgänger- und Fahrradwegen und ein benutzerfreundlicher, erschwinglicher öffentlicher Nahverkehr.
https://doi.org/10.1136/bjsports-2024-108125

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