ÜBERBLICK: Was gibt es Neues fürs Herz?

Was gibt's Neues fürs Herz
Die Herzmedizin unterliegt einem ständigen Wandel durch Innovationen, Belastungen durch Kosten und auch veränderte soziale und rechtliche Rahmenbedingungen. Der folgende Beitrag beschreibt die Entwicklung wesentlicher wissenschaftlicher Neuerungen in der Herzmedizin.
1. Neue Medikamente bei Herzschwäche und anderen Herzkrankheiten
a) Fortschritt bei Herzinsuffizienz: Die 4-Säulen-Therapie
In der Behandlung der chronischen Herzinsuffizienz hat sich eine sogenannte „Vier-Säulen-Therapie“ durchgesetzt. Diese umfasst:
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ACE-Hemmer oder ARNI (z.B. Sacubitril/Valsartan)
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Betablocker (z.B. Metoprolol)
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Mineralokortikoidrezeptor-Antagonisten (MRA) z.B. Eplerenon oder Finerenon
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SGLT2-Hemmer (z. B. Dapagliflozin oder Empagliflozin)
Diese Kombination verbessert die Lebensqualität und senkt die Sterblichkeit deutlich. Besonders bemerkenswert: Die ursprünglich aus der Diabetes-Behandlung stammenden SGLT2-Hemmer zeigen auch bei Nicht-Diabetikern mit Herzschwäche eine starke Wirkung.
b) Vericiguat – ein neues Hoffnungsmittel
Ein weiteres Medikament, Vericiguat, wurde 2023 europaweit zugelassen. Es verbessert die Gefäßfunktion und kann bei fortgeschrittener Herzschwäche die Häufigkeit von Krankenhausaufenthalten senken. Für viele Betroffene ist das eine wichtige Ergänzung zur bestehenden Therapie.
c) GLP-1-Hemmer - ein Diabetesmedikament zur Gewichtsreduktion
Gewichtsabnahme kann Bluthochdruck, Typ-2-Diabetes und Fettstoffwechselstörung bessern. Auch legen Untersuchungsdaten nahe, daß Gewichtsverlust auch die kardiale Umgestaltung, die bei ausgeprägterer Adipositas stattfindet, rückgängig machen und die Struktur und Funktion des Herzens verbessern könnte. Neben der "Magenverkleinerungs"-OP (bariatrische Chirurgie) wirken GLP-1-Hemmer auch beim Nicht-Diabetiker deutlich das Gewicht in Studien um ca.15-25% reduzierend.
2. Fortschritte bei minimal-invasiven Eingriffen: Schonender behandeln
a) TAVI-Verfahren für Herzklappenerkrankungen
Die kathetergestützte Aortenklappenimplantation (TAVI) hat sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt. Neue Generationen von Klappen und präzisere Bildgebung machen den Eingriff sicherer – selbst bei Hochrisikopatienten. Heute wird TAVI nicht nur bei älteren, sondern zunehmend auch bei jüngeren Patienten eingesetzt.
b) Mitralklappen-Clipping (MitraClip® und PASCAL®)
Bei undichten Mitralklappen gibt es mittlerweile zwei effektive kathetergestützte Verfahren, die ohne große Operation auskommen. Neue Daten belegen, dass diese Methoden die Lebensqualität deutlich verbessern können – gerade bei Patienten, für die eine OP zu belastend wäre.
3. Künstliche Intelligenz und moderne Diagnostik
a) KI erkennt Herzrhythmusstörungen früher
Künstliche Intelligenz wird zunehmend zur Analyse von EKGs und anderen Diagnosedaten eingesetzt. Algorithmen können Muster erkennen, die selbst erfahrene Ärzte übersehen könnten. Das ermöglicht eine frühere Diagnose von Vorhofflimmern oder beginnender Herzschwäche. In der Bildgebung ist durch KI ein deutlicher Fortschritt erkennbar.
b) Smartwatches mit EKG-Funktion
Viele moderne Uhren können inzwischen ein 1-Kanal-EKG aufzeichnen. Das ist zwar kein vollständiger Ersatz für das klassische EKG beim Arzt, aber hilfreich bei unregelmäßig auftretenden Symptomen wie Herzstolpern oder Schwindel. Therapeutische Konsequenzen aus solchen symptomatischen Befunden sollten jedoch nur sehr vorsichtig und aufgrund evidenzbasierter Daten individuell gezogen werden
4. Personalisierte Medizin: Therapie wird individueller
Dank genetischer Tests, moderner Blutanalysen und umfangreicher Daten aus Studien ist es heute besser möglich, Behandlungen auf den einzelnen Patienten abzustimmen. Ziel ist es, Risiken gezielter zu erkennen und Medikamente so einzusetzen, dass sie genau zum individuellen Krankheitsbild passen.
Beispiel: Manche Menschen sprechen auf bestimmte Blutverdünner besser an oder vertragen Cholesterinsenker schlechter – das lässt sich zunehmend voraussagen.
5. Lipidtherapie: LDL-Cholesterin gezielt senken
Hohe LDL-Werte („schlechtes“ Cholesterin) sind ein großer Risikofaktor für Herzinfarkte. Wenn Statine + Ezetimib die Zielwerte nicht erreichen, können PCSK9-Hemmer (z.B. Evolocumab oder Alirocumab) deutlich helfen. Der neue, über ein anderes Prinzip wirkende PCSK9-Hemmer (ein sogenannter siRNA-Wirkstoff) wie Inclisiran senkt den LDL-Spiegel nachhaltig – mit nur zwei Injektionen pro Jahr. Diese Therapie ist besonders interessant für Patienten, die klassische Statine nicht vertragen oder trotz Therapie hohe Werte haben.
6. Prävention wird digitaler und effektiver
a) Digitale Gesundheitsanwendungen (Apps auf Rezept)
In Deutschland gibt es inzwischen zahlreiche zertifizierte Apps auf Rezept, die z. B. bei der Rehabilitation nach einem Herzinfarkt oder zur Blutdruckkontrolle eingesetzt werden können. Diese „DiGAs“ sind wissenschaftlich geprüft und können helfen, die Therapie aktiv mitzugestalten.
b) Telemedizin – der Arztbesuch per Video
In der Nachsorge und Kontrolle gewinnt die Telemedizin an Bedeutung. Besonders für chronisch Herzkranke ist es oft hilfreich, regelmäßige Kontrollen bequem von zu Hause aus durchführen zu können. Das spart Zeit und Wege und bietet zusätzliche Sicherheit.
Fazit: Mehr Möglichkeiten, mehr Hoffnung
Die letzten Jahre haben gezeigt: Die moderne Kardiologie wird nicht nur immer präziser, sondern auch schonender und individueller. Neue Medikamente, bessere Eingriffe und moderne Technik sorgen dafür, dass viele Herzkrankheiten heute besser behandelbar sind als je zuvor.
Was können Sie tun?
Bleiben Sie informiert, gehen Sie regelmäßig zu den empfohlenen Kontrollen und scheuen Sie sich nicht, Fragen zu stellen. Viele der hier genannten Fortschritte können Ihren Alltag mit einer Herzkrankheit deutlich verbessern – vielleicht auch Ihren!
Sprechen Sie mit Ihrem Kardiologen oder Ihrer Kardiologin über neue Therapieoptionen, die für Sie in Frage kommen.
Bleiben Sie in Bewegung – und bleiben Sie herzgesund!

Veranstaltungshinweis

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