Neue Laborparameter für den Herz-Kreislauf-Check-Up

Viele Menschen kennen die klassischen Blutfettwerte wie LDL und HDL. Doch diese Werte reichen manchmal nicht aus, um das persönliche Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall oder andere Gefäßerkrankungen wirklich gut einzuschätzen. In den letzten Jahren haben Forschende neue Blutwerte entdeckt, die noch wichtigere Hinweise geben können. Dazu gehören Lipoprotein(a), Apolipoprotein B, das sogenannte Remnant-Cholesterin und ein Entzündungswert namens hsCRP.
Diese Messwerte sind für die meisten Menschen noch unbekannt, können aber helfen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen früher zu erkennen und besser zu behandeln.
Lipoprotein(a): Das „versteckte“ Cholesterin-Risiko
Lipoprotein(a), kurz Lp(a), ist ein Cholesterinpartikel, das bei vielen Menschen völlig unbemerkt erhöht ist. Der Wert wird nur selten bestimmt, obwohl er ein wichtiger Risikofaktor für Herzinfarkt, Schlaganfall und andere Gefäßerkrankungen ist. Je höher der Lp(a)-Wert, desto größer ist das Risiko – selbst dann, wenn alle anderen Cholesterinwerte normal sind.
Besonders tückisch: Lp(a) ist fast vollständig genetisch festgelegt. Wer hohe Werte hat, hat sie meist schon von Geburt an – und sie bleiben ein Leben lang ungefähr gleich. Etwa 20 % der Bevölkerung haben erhöhte Lp(a)-Werte und wissen nichts davon.
Fachgesellschaften empfehlen inzwischen, den Lp(a)-Wert mindestens einmal im Leben messen zu lassen. Trotzdem passiert das in der Praxis viel zu selten: Hausärztinnen und Hausärzte bestimmen diesen Wert nur in etwa 3 % der Fälle, Kardiologen etwas häufiger. Ein Grund ist, dass der Test meist nur dann gemacht wird, wenn ein konkreter Verdacht besteht – beispielsweise bei familiärer Vorbelastung oder unklaren Gefäßerkrankungen.
Die gute Nachricht: Die Untersuchung wird von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt und kostet für Selbstzahler nur etwa 20 Euro. Wer eine familiäre Vorgeschichte mit Herzinfarkt oder Schlaganfall hat, sollte seine Ärztin oder seinen Arzt gezielt danach fragen.
Warum ist das wichtig? Weil ein erhöhtes Lp(a) das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen deutlich erhöht, ohne dass man es merkt. Besonders Frauen in und nach den Wechseljahren sind betroffen, da hormonelle Veränderungen das Lipidprofil beeinflussen.
Noch gibt es keine zugelassenen Medikamente zur gezielten Senkung von Lp(a). Doch mehrere neue Wirkstoffe befinden sich in großen Studien und könnten in wenigen Jahren verfügbar sein. Einige senken Lp(a) um bis zu 95 %. Bis dahin gilt: Wer einen hohen Lp(a)-Wert hat, sollte umso konsequenter alle anderen Risikofaktoren behandeln lassen – vor allem LDL-Cholesterin, Blutdruck, Blutzucker und Lebensstil.
Apolipoprotein B – aussagekräftiger als LDL
Ein weiterer wichtiger Marker heißt Apolipoprotein B, kurz ApoB. Dieser Wert gibt an, wie viele potenziell gefährliche Cholesterinpartikel sich im Blut befinden. Er ist deshalb oft genauer als das LDL-Cholesterin allein, insbesondere bei Menschen mit Diabetes, Übergewicht oder erhöhten Triglyzeriden.
Studien zeigen: Steigt der ApoB-Wert, steigt das Risiko für Herzinfarkt – und zwar sogar deutlicher, als wenn man nur auf den LDL-Wert schaut. Trotzdem wird ApoB noch nicht standardmäßig bestimmt. Die meisten Labore messen es nur auf Veranlassung des Arztes.
Für viele Patientinnen und Patienten könnte diese zusätzliche Information jedoch wichtig sein, weil sie zeigt, ob im Blut besonders viele atherogene („gefäßschädigende“) Partikel zirkulieren. Je höher der Wert, desto aggressiver sollten Cholesterinsenker eingesetzt werden.
Remnant-Cholesterin und Non-HDL – die „vergessenen“ Risikofaktoren
Auch das sogenannte Remnant-Cholesterin wird zunehmend als Risikofaktor erkannt. Es gehört zu einer Gruppe von Cholesterinpartikeln, die besonders häufig bei Menschen mit Übergewicht, Diabetes oder Stoffwechselproblemen vorkommen. Lange Zeit wurde es kaum beachtet, heute weiß man: Es kann die Gefäße ähnlich stark schädigen wie LDL.
Eine einfache Möglichkeit, diese Partikel mit zu erfassen, ist der Wert Non-HDL-Cholesterin. Er wird nicht extra gemessen, sondern automatisch berechnet: Gesamtcholesterin minus HDL. Dieser Wert umfasst alle „schlechten“ Cholesterinpartikel – auch ApoB-haltige.
hsCRP: Entzündung fördert Arteriosklerose
Ein weiterer neuer Marker heißt hsCRP (hoch-sensitives C-reaktives Protein). Er misst, ob im Körper eine versteckte Entzündung vorliegt. Solche Entzündungen können die Bildung von Plaques in den Gefäßen beschleunigen. Ist hsCRP dauerhaft erhöht (über 2 mg/l), steigt das Herz-Kreislauf-Risiko messbar an.
Besonders interessant: Manche Cholesterinsenker wie Statine oder Bempedoinsäure wirken auch gegen diese Entzündung. Studien zeigen: Wer sowohl Cholesterin und hsCRP senkt, hat das geringste Herzinfarktrisiko.
Was bedeutet das für Patientinnen und Patienten?
Ein moderner Herz-Kreislauf-Check umfasst heute mehr als nur LDL, HDL und Triglyzeride. Viele Expertinnen empfehlen, zumindest einmal im Leben folgende Werte bestimmen zu lassen:
- LDL-Cholesterin
- HDL-Cholesterin
- Triglyzeride
- Lipoprotein(a)
- hsCRP (Entzündungsmarker)
Bei bestimmten Risikogruppen – zum Beispiel Menschen mit Diabetes, Übergewicht oder familiärer Vorbelastung – kann zusätzlich ApoB oder Non-HDL-Cholesterin sinnvoll sein.
Wichtig bleibt jedoch: Auch die besten Marker nützen wenig, wenn das LDL-Cholesterin nicht konsequent behandelt wird. Nur etwa 20 % aller Hochrisikopatienten erreichen heute ihren Zielwert – obwohl wirksame Medikamente vorhanden sind.
Fazit: Mehr Wissen, besser schützen
Neue Biomarker wie Lp(a), ApoB oder hsCRP können helfen, das persönliche Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen genauer einzuschätzen. Sie ersetzen die bekannten Cholesterinwerte nicht, sondern ergänzen sie sinnvoll.
Wer weiß, dass sein Risiko erhöht ist, kann früher gegensteuern – durch Lebensstiländerungen, gezielte Medikamente oder engmaschige Kontrolle. Die Medizin entwickelt darüber hinaus neue Therapien, besonders gegen Lipoprotein(a). Wenn diese verfügbar sind, könnte sich das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall für viele Menschen drastisch reduzieren.
Bis dahin gilt mehr denn je: Kenne deine Werte – und lass sie behandeln, wenn sie erhöht sind.
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